Den Balancier meines fünften Modells mit einem Balancier sieht man vielleicht nicht sofort. Es handelt sich um einen Winkelhebel, die Maschine ist als Bell-Crank-Maschine bekannt. Ein Bell-Crank, wörtlich soviel wie “Glockenwinkel”, bezeichnete ursprünglich den Winkel, der die Richtung des senkrechten Klingelzugs in die Waagerechte umlenkte und so den Klingelklöppel in Bewegung versetzte.

Verschiedene Bilder und Details zur historischen Bell Crank Engine habe ich hier zusammengetragen.

Nach den Erfahrungen mit den Modellen der Drop Valve Engine und der Smethwick Engine, wo ich jeweils sehr viel Zeit und Energie brauchte, um sie überhaupt zum Laufen zu bringen, wollte ich diesmal nach einem bewährten Plan bauen. Antony Mount hat in seinem Buch “Historic Engines Worth Modelling Vol. 1” Zeichnungen einer Bell-Crank-Maschine veröffentlicht. Die Zeichnungen und Beschreibungen beziehen sich auf einen Gußteilsatz und sind natürlich nicht metrisch. Ich wollte aus Halbzeug und metrisch bauen - aber das sind ja lösbare Herausforderungen.

Das Modell scheint nicht sonderlich häufig gebaut worden sein, jedenfalls nicht in der Version mit Kondensator und Zisterne, wie Mount es beschreibt. Dr Jo Thoms hat bei Model Engine Maker den Bau ihres Gußteilesatzes beschrieben und erwähnt dort, daß der erste Abguß in nur 10 Exemplaren erfolgte und es zehn Jahre gedauert habe, bis diese verkauft waren. Es habe zwar einen zweiten Abguß gegeben, bei diesem sei allerdings nicht die nötige Qualität erzielt worden.

Ein sehr reizvolles Halbzeug-Modell einer Bell Crank hat Carlos Kretz aus Rosario / Argentinien gebaut. Er hat sich offensichtlich die Gebläse-Maschine zum Vorbild genommen, über die Dickinson schreibt.

Angefangen habe ich mit dem Zylinder (Bild 2). Dieser besteht aus Alu mit einem eingepressten Messingrohr. Ich habe den Bohrungsdurchmesser gegenüber Mount reduziert. Der Einschnitt nimmt dann das Ventilgehäuse auf. Obwohl Mount in seinem Modell ein D-Ventil beschreibt, habe ich darauf verzichtet und statt dessen auch hier ein Messingrohr benutzt. Bild 3 zeigt das Ausbohren mit einer dafür angefertigten Bohrstange. Die Aussenkontur habe ich mit Hilfe der ARC Funktion meiner SINO DRO hergestellt. Lt. Manual gibt es eine Smooth ARC Funktion sowie eine Simple ARC Funktion. Die tatsächliche Firmware enthält jedoch nur die Simple ARC Funktion. Nachdem es mir gelungen ist, die Bedienungsanleitung zu verstehen, konnte ich auch ein gutes Ergebnis erzielen. Bild 4 zeigt das Teil direkt nach dem Fräsen. Das fertige Gehäuse ist dann in Bild 5 zu sein.

Die Zisterne ist aus Alu-Platten entstanden, die verklebt und verschraubt sind. Die Füße für die Befestigung der Zisterne auf den Lagerhölzern und die zur Aufnahme der Kurbelwelle sind aus der jeweiligen Platte herausgearbeitet - meine Versuche mit Alu-Lot sind alle gescheitert. Bild 6 zeigt das Bauteil nach dem Beschichten.

Das Schwungrad (Bild 7) ist aus einem GG20 Rohling mit 200 ø entstanden. Die Rippen sind aufgesetzt.

Bild 8 zeigt den fertiggestellten Bell Crank schon eingebaut. Damit man die diversen Treibstangen etc. besser erkennt, habe ich die Zisterne usw. abgedeckt.

Die restlichen Bilder zeigen das fertiggestellte Modell.

Den für mich immer noch faszinierenden Bewegungsablauf der Maschine kann man jedoch am besten im Video des Modells sehen !

Stand 20.6.2016